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7 Gründe auf den Bauernmarkt zu gehen.

Wir brauchen Rituale. Also ich zumindest. Ein paar wenige, um in meinem von Spontanität geprägten Alltag etwas Rhythmus zu haben, und um ein paar Mal in der Woche zu wissen, die richtigen Entscheidungen zu treffen, ohne vorher groß darüber nachzudenken.

Mein Samstag-Morgen-Markt-Besuch ist eines dieser Rituale. Ausgestattet mit zwei Jutesäcken, drei selbst genähten Leinentaschen für das Gemüse und einem kleineren für Nüsse oder Beeren, mache ich mich auf, um noch am Frühen Vormittag für eine halbe Stunde das Gefühl zu haben, dass die Welt ja doch noch heil ist.

Er ist immer das gleiche Spiel. Zuerst ein kurzer Stopp in Helenes Bauernladen. Hier kaufe ich den Großteil an Gemüse ein. Dann weiter zum Bauernmarkt am Naschmarkt, für die außergewöhnlicheren Sorten und das Obst. Ein freudiges Guten Morgen dem Verkäufer am Käsestand zugeworfen – bei dem ich zwar nie etwas kaufe, der mich aber trotzdem mag – Richtung Gemüsestand Nummer eins, wo ich immer mit einem Ciao Bella begrüßt werde, während man mir frischestes österreichisches Gemüse über die Theke reicht. Hier kaufe ich alles was bunt ist und ein Stück hausgemachten Apfelstrudel. Beim Stand gegenüber hole ich mir mein wöchentliches Grün. Am Rückweg lege ich die zwei Schachteln Beeren oben auf. Der letzte Stopp ist führt mich zur in Gedanken liebevoll benannte Blumenfrau …

Der Wochenmarkt ist für mich gleichermaßen Entspannung wie Notwendigkeit. Es ist die Basis für so ziemlich alles was ich die restlichen sechs Tage der Woche esse – ergänzt von einigen wenigen Zutaten aus dem Bioladen oder Supermarkt. Es ist aber auch Kindheitserinnerung, Heimatgefühl und ein kleines bisschen Familie. Schon früher bin ich jedes Wochenende mit meinen Eltern zum Markt gefahren. Mein Bezug zu Lebensmitteln und Ernährung kommt also zu einem großen Teil von diesen vielen Momente, wo wir frische Köstlichkeiten gekauft und später gemeinsam zubereitet haben. Als ich vor vier Jahren ausgezogen bin, habe ich das irgendwie verloren. In Salzburg war kein Markt in greifbarer Nähe, in Wien musste ich ihn erst für mich entdecken. Warum ich nun so an dieser wöchentlichen Tradition festhalte, erkläre ich dir in sieben (teils außergewöhnlichen) Punkten. Wer weiß, vielleicht stehst du ja kommenden Samstag neben mir am Marktstand und wir üben uns gemeinsam in Geduld …

1. Unfreiwillige Meditation

Geduld – Meditation? Ja ich möchte gleich mit dem ungewöhnlichsten Grund beginnen, denn so entspannend der Marktbesuch auch sein mag, ist es gleichzeitig ein Gedulds- und Akteptanztraining par excellence. Je nach Uhrzeit und Beliebtheitsgrad des Standes ist die Schlange länger oder weniger lang. Gedrängelt wird immer und geschummelt sowieso. Mindestens ebenso oft wird dir das letzte Stück Gemüse vor der Nase weggeschnappt. Ja und? Macht nichts! Denn die verschwörerischen Blicke die man den anderen geduldigen Besuchern zuwirft, das Augenzwickern und Lächeln machen es wieder gut.
Das fehlende Gemüse oder Obst wiederum macht kreativ. Denn im Gegensatz zum Supermarkt kennt der Bauernmarkt noch die Gesetze der Saison und das Wort „ausverkauft.“

2. Automatische Inspiration

Was kochen? Diese Frage stellt sich immer dann, wenn man zu viel oder zu wenig im Kühlschrank hat. Der Vorteil wenn man am Markt einkaufen war, ist ganz einfach: Das Gemüse und seine Haltbarkeitsdauer entscheiden für dich. Das Blattgrün schreit zum Beispiel schneller als Paprika und Co. Wenn man also ein bisschen ein Gefühl für die Lebensdauer von frischen Lebensmittel hat, löst sich die Frage nach dem WAS recht schnell. Bleibt nur die Frage nach dem WAS NOCH? und hier beginnt die Kreativität. Mein Tipp: So wenig wie möglich zusätzliches kaufen, sondern zu erst schauen, was man kombinieren kann, was der Vorratsschrank an Getreide etc hergibt. So entstehen die besten Kreationen!

3. Keine Zeit zu Denken

Wenn ich in Läden wie Denn’s oder auch mal Merkur und Bella gehe, bin ich vom Angebot meistens so überfordert, dass ich mit quasi leeren Händen wieder hinausgehe. Das funktioniert für mich irgendwie nur mit einem Plan und am Besten einem Einkaufszettel. Du merkst – ich bin da ein bisschen oldschool. Am Markt wiederum kann ich das gesamte Angebot überblicken und habe nicht lange Zeit mich zu entscheiden, da zumindest drei Hipster-Ladies hinter mir mit den Füßen klopfen und drei Super-Omis mit dem Stock. Das führt zu Entscheidungen die tatsächlich spontan und aus dem Bauch heraus getroffen werden. Ist effektiv und spart Gedankenaufwand.

3. Ein freundlicher Start ins Wochenende.

Ich bin da ganz offen und ehrlich. Wer in keiner Beziehung ist und an den meisten Tagen alleine aufwacht, muss sich seine sozialen Freundlichkeiten eben woanders holen. Mein offenherziges Gemüt hat dazu geführt dass ich in meinem Bezirk in den meisten Cafés und Läden mit Namen begrüßt werde, aber auch am Markt kennt man mich bereits. Diese 5 Minuten Smalltalk mögen zwar manchmal oberflächlicher, manchmal auch etwas ernsthafter sein, aber immer sind sie ein netter Start ins Wochenende und geben auf ihre ganz eigene Art und Weise Kraft.

You can’t buy happiness. But you have buy local and seasonal food. That’s kind of the same thing.

5. Traditionen aufrecht erhalten

Wusstest du, dass die Tradition des Marktes bis ins Mittelalter hineinreicht. Okay. Ich hoffe das ist jetzt keine Überraschung für dich, aber tatsächlich ist es ein Privileg unserer Kultur, dass Wochen- und Bauernmärkte schon so lange, und immer noch Tradition sind. In den USA fehlten solche Strukturen bis in die 70iger Jahre hinein.
Die Märkte waren schon immer wofür auch ich sie heute liebe: ein Ort zum Austausch, Reden und Verbinden. Wer ein offenes Ohr hat, lernt am Markt oft mehr über seine Stadt als in jeder Zeitung.

6. gut zu wissen.

Hier wären wir beim Punkt aus dem ersten Absatz angelangt. Am Markt weiß ich wo das Gemüse und Obst herkommen und wenn ich es nicht weiß kann ich zumindest fragen und mich auf recht vertrauenswürdige Antworten stützen. Gerade an Orten wie dem Naschmarkt wo sich Bauernmarkt und internationales Foodie-Paradies die Stand an Stand stehen, lohnt es sich zwei mal hinzuschauen und drei mal nachzuhaken. Auch den eine oder andere Fehlkauf und gezahltes Lehrgeld gehören dazu. Aber nach ein paar Besuchen weiß man, wo man die frischesten Zutaten (zum besten Preis) bekommt 😉
Weiterer Vorteil – das Geld bleibt in der Region. Für mich ein nicht unwesentlicher Aspekt.

7. NEIN! zu Plastik.

Ganz ehrlich. Auch auf dem Markt wir einem die Entscheidung Plastik-Sackerl ja oder nein nicht abgenommen. Ganz im Gegenteil. Man muss sehr vehement darauf bestehen diesen wunderschönen Salatkopf doch jetzt bitte nicht extra in Plastikfolie ein zu hüllen. Auf diesen Satz bekommt man aber in 90% der Fälle am Markt entweder ein Papier-Sackerl oder den Salat in den mitgebrachten Sack, begleitet von einem dankbaren Lächeln und deutlich mehr Verständnis als im Supermarkt. Zero-Waste einkaufen am Markt geht. Muss aber auch aktiv getan werden.

Weil ich all zu oft gefragt werde, was ich eigentlich in meine Sackerl packe, und wovon man als Veganer eigentlich überhaupt lebt, habe ich noch eine kleine Liste zusammengestellt.

Was ich am Markt kaufe:
* Frisches Obst
* Frisches Gemüse
*Frische Kräuter
*Brot/Gebäck/Kuchen
*Nüsse
*Hausgemachte Produkte im Glas (Saucen, Marmeladen, …)
*manches Getreide
*Blumen

Was ich ergänzend im Laden kaufe:
*Haferflocken und spezielleres Getreide
*Essig, Öle, Gewürze
*Datteln
*Noch mehr Nüsse
*Nussmus
*Zitronen/Avocado – my bad! O.o
*Kleine Gaumenfreuden

Gründe auf den Bauernmarkt zu gehen gibt es also viele. Manche davon sind offensichtlicher, andere persönlicher. Aber in jedem Fall tut man damit sich und der Umwelt etwas gutes, gleichzeitig auch der Bauern und der Tradition, und überhaupt … worauf wartest du noch? Waren das nicht Gründe genug?

I’m that bitch that listens to gangsta rap, driving her unu (or bike) to the farmers market before yoga class.
And you?

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