Für mein kreatives Pensum geh ich unter die Dusche – äh spazieren !
Für gewöhnlich hat das Gewöhnliche keinen guten Ruf. Stets wir einem gesagt, man solle jeden Tag etwas Neues machen und erleben. Kein Tag darf wie der Gestrige sein, und doch findet man oft im Gewöhnlichen, im Alltag oder in Ritualen seine Inspirationen. Und wenn man schon keine Inspiration darin findet, dann ist es der Alltag, der einem die Kraft gibt, auch mal auszubrechen um sich auf die Suche zu machen.
Die abendliche Bettlektüre ist zum Beispiel eines meiner Rituale, das ich nicht missen möchte. Vor dem Schlafen noch mal in andere Welten tauchen, die Ereignisse des Tages davongleiten lassen – nur um dann selber in den Schlaf zu gleiten.
So gerne ich Leseratte Sachbücher & Co lese, ist es mir Abends meist nach leichterer Kost. Angenehm zu lesen, aber gut geschrieben soll es da sein.
Auf meine Frage nach einem neuen Buch hat mir meine Mutter vor kurzem das Buch „Musenküsse“ von Mason Curry in die Hand gedrückt. Ich habe es sofort liebgewonnen – es hat seit damals meinen Nachttisch nicht mehr verlassen.
Currey beschreibt in diesem kleinen Buch den Tagesablauf der größten und wichtigsten Kreativköpfe – von Simone de Beauvoir über Pablo Picasso und Franz Kafka bis hin zu Woody Allen und Andy Warhol. Sie alle haben eines gemeinsam – sie finden ihre Kreativität in der Muse der Gewohnheit.
So unterschiedlich die Tagesabläufe und Eigenheiten jeder dieser Künstler auch seien mögen – die einen bevorzugen die Nacht, die anderen den Tag – die einen Zigaretten, die anderen Alkohol – die einen die Extravaganz, die anderen die Reduktion – so tauchen doch 3 gemeinsame Nenner immer wieder auf: Kaffee und körperliche Aktivität sowie ein relativ geregelter Tagesablauf.
Dem kann auch ich mich nur anschließen. Ohne Sport geht gar nichts, ohne Kaffee oder Tee irgendwann auch nicht mehr (;
Über das Buch und den Autor
Mason Curry wurde in Pennsylvania geboren. Der Redakteur arbeitete acht Jahre lang bei Zeitschriften und unterhielt nebenbei den Blog „Daily Routines“ der den Grundstein des Buches „Musenküsse“ legte.
Currey stellte sich die Frage, wie wohl berühmte Künstler ihren Tag gestalten, ob man sich etwas davon abschauen kann und was man wohl besser vermeiden sollte.
In seinem Buch sammelte er 88 Alltagsstrategien von Schriftstellern, Malern, Filmemacher, und anderen Kreativen Köpfen.
Das Buch beschäftigt sich mit den Umständen unter denen sich Kreativität entfaltet. Spannend ist, dass sich jeder der Künstler auf einen mehr oder weniger festgelegten Tagesablauf bezieht. Viele haben fixe Arbeitszeiten gehabt – mache ihren Tag bis in die letzte Minute geplant.
88 gelesene Tagesabläufe später musste ich feststellen – ein Geheimrezept gibt es nicht. Die Kreativität ist so individuell wie der Kopf in dem sie entsteht.
Was aber feststeht ist, dass die Routine wie ein Antriebsmotor funktioniert, sie motiviert und treibt an – zu Produktivität und Kreativität.
Was macht Routinen so wichtig und besonders ?
Routinen haftet etwas langweiliges, “fades” an – jedoch können sie den Alltag erheblich erleichtern und so mehr Raum und Zeit für Kreativität schaffen.
“Die Gewohnheit ist wie ein sicherer Hafen. Kein Ort zum Bleiben, aber einer, auf den wir uns freuen, wenn wir zu ihm zurückkehren.”
Dass wir in einem schnelllebigen und reizüberfluteten Zeitalter leben, ist keine Geheimnis mehr. Unser Kopf wird oft gezwungen, dem Tun gedanklich immer einen Schritt voraus zu sein, zu überlegen “Was kommt als nächstes?” – “Wer, wie, was, wo, wann, … w, w, w, …?”
Viele W-Fragen halten unseren Kopf auf Trab, darum ist ein gewisses Maß an Gewohnheit so wichtig für uns. Wir müssen uns auf Dinge verlassen können. Auf Orte, auf die Zuverlässigkeit von Freunden, … darauf, dass morgens Kaffee im Haus ist und die Zeitung (oder das Pad) am Frühstückstisch liegt (;
Das Aufsehenerregende kann nur passieren, wenn der Alltag funktioniert – HH
Unser Gehirn ist stetig damit beschäftigt zu überlegen, was als nächstes kommt. Gefahren, Veränderungen, Überraschungen lauern überall. Unser Kopf wägt permanent ab. Stellt Szenarien auf. Gewohnheiten und Routinen entlasten das Gehirn, denn sie passieren automatisch und schaffen ein Fundament, auf das sich der Kopf verlassen kann.
“Es ist die Gewohnheit, die Gewissheit einer weitgehenden Unveränderlichkeit, die uns ruhig schlafen lässt. Es wird sein, wie es war – erst wenn unser Leben auf einem solchen stabilen Fundament ruhen kann, sind wir bereit für das Abenteuer und haben die Kraft für die Eroberung des Neuen.”
Nehmen wir als Beispiel die Morgenroutinen. Jeder beginnt seinen Tag anders. Mach einer mit einem gemütlichen Frühstück, der nächste schlüpft in die Kleidung, ist bei der Tür hinaus und schnapp sich unterwegs einen Coffee To Go. Durch die Wiederholung einer Erfahrung oder Tätigkeit entsteht das Gefühl von Sicherheit. Das ist im Beruf nicht anders als im privaten Umfeld. Durch Gewohnheiten entstehen persönliche Bindungen und Vertrauen.
Die Gewohnheit schützt die Dinge, die uns am Herzen liegen und wichtig sind.
Während man nun meinen könnte, Gewohnheiten lassen uns an etwas festhalten und rufen Stillstand hervor, so ist das Gegenteil der Fall.
“Mit der Gewohnheit hält die Veränderung Einzug.”
Besonders im Alltag ist das gut zu beobachten. Wir beginnen eine Tätigkeit zu wiederholen, wenn sie uns praktisch und einfach erscheint. Daraus wir eine Gewohnheit und ein Handgriff oder Schritt weniger, über den wir uns Gedanken machen müssen – so bleibt mehr Raum für Kreativität.
Mein Resümee & meine (inexistente) Routine
Liebend gerne würde ich euch nun einen fix-vorgefertigten Tagesablauf präsentieren und sagen so geht’s bei mir, aber das ist zur Zeit nicht der Fall.
In den letzten Jahren hatte ich sehr streng vorgegeben Tagesabläufe, die allem voran von Uni und Lernen gesteuert waren. Nun in Wien ist vieles, ja wenn nicht alles anders.
Meine Woche setzt sich zusammen aus 4 verschiedenen Jobs, Sport und ein klitzekleines bisschen Freizeit. Einen Tagesablauf habe ich da nicht, durchaus aber Gewohnheiten.
„Kleine Geister interessieren sich für das Außergewöhnliche, große Geister für das Gewöhnliche.“
- Bevor ich aus dem Haus gehe, trinke ich immer entweder Tee oder Kaffee. Im besten Fall frühstücke ich noch gemütlich daheim, bevor ich die Wohnung verlasse.
- Wenn ich im Impact Hub ankomme, hole ich mit als erstes eine Tasse Kaffee, plaudere mit dem Host des Tages, dann erst gehts an die Arbeit.
- Jeden Tag blättere ich durch den Standard Kompakt um zumindest etwas “UpToDate” zu bleiben.
- Wenn ich nach Hause komme, bereite ich mir immer eine Tasse Tee zu. Egal wann – auch um 2 Uhr morgens nach der Arbeit.
- Zumindest einmal am Tag koche ich etwas für mich.
- An meinen Arbeitstagen im Tian esse ich immer genau um 4 Uhr gleichzeitig zu Mittag und zu Abend, um während dem Service genug Kraft und keinen Hunger zu haben.
- Vor dem Schlafen lese ich immer noch einige Minuten in einem Buch oder einer Zeitschrift.
- Mindestens drei mal pro Woche muss Sport Platz in meinem Leben finden, sonst werde ich unausgeglichen und unausstehlich. Yoga, Laufen oder Studio. ^^
Du merkst, Kaffee und Tee spielen eine große Rolle für mich, ebenso Sport, aber nicht weil sie Zwang oder Suchtmittel sind, sonder weil sie mir erlauben zu Ruhe zu kommen, zu fokussieren und kreativ zu werden.
Raum für einen Tagesablauf gibt es zur Zeit kaum, da jeder Tag sich je nach der zu erledigenden Arbeit komplett anders gestaltet, aber ich liebe meine kleinen Gewohnheiten. Sie sind einfach schön und machen ehrlich glücklich.
„Die wahre Lebensweisheit besteht darin, im Alltäglichen das Wunderbare zu sehen.“ P.S.B.
Wenn ich allerdings mal anstehe, den Kopf voll habe und nicht mehr weiter weiß, dann hilft das, worauf sich schon viele Künstler, Schriftsteller und Komponisten verlassen haben – raus in die Natur.
Spazieren ist nicht nur gesund, sondern wirkt auf mich auch inspirierend. Je nach dem ob man im grünen oder urbanen Raum spaziert, gibt es vieles zu entdecken. Hinter jeder Ecke verbirgt sich ein Geräusch, eine Überraschung, eine Inspiration – MUSE.
Im Grünen sind es die Geräusche der Natur, die Farben, die Texturen, der Duft und die Stille, die inspirierend, beruhigend und angenehm wirken. In der Stadt sind es die Menschen, die Architektur, die Bewegung, der Flair ….
Allem voran ist es aber auch die eigene Bewegung, die hilft, den Kopf frei zu bekommen und Raum für Neues zu schaffen – Probleme vergessen und hinter sich lassen. Es geht nicht darum, vor ihnen davon zu laufen, sondern darum einen Schritt nach vorne zu machen.
Beim Spazieren kann ich meine Gedanken ordnen, Pläne machen. Ich überlege wann ich was zu erledigen habe, wann ich welchen Artikel schreibe und veröffentliche – aber ganz ohne Druck und Zwang. Die Gedanken laufen lassen, Ideen sammeln, wieder verwerfen. Zulassen, dass die eine oder andere Idee im Prozess verloren geht, denn dann kann sie nicht so wichtig gewesen sein. (:
Manchmal hilft es, sich einfach auf eine Parkbank zu setzen. Stillstand. Aber nur scheinbar. Die vorbeigehenden Menschen beobachten, lauschen, hören, wahrnehmen, zur Ruhe kommen …
“In der Ruhe liegt die Kraft “
Gewohnheiten und Alltag sind etwas Tolles und können sehr inspirierend sein, wichtig ist nur, dass kein Zwang daraus wird.
Man sollte in seinem Tun und Handeln immer so flexibel sein, dass man sich wohl fühlt und weiter machen kann, egal welche Überraschungen oder Veränderungen der Tag bringen kann.
Gerade wenn man reist, mit neuen Menschen zusammen ist, liegt die Inspiration darin nicht an seinen eigenen Gewohnheiten festzuhalten, sondern sich für neue zu öffnen und diese für einen gewissen Zeitraum anzunehmen, oder gar mitzunehmen.
Ja und wenn der Kaffee morgens leer ist, dann mache ich halt Tee (;
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